(Positionspapier des Domowina-Vorsitzenden Dawid Statnik, in ober- und niedersorbischer Sprache auf der Bundesvorstandssitzung des Dachverbandes der Lausitzer Sorbinnen und Sorben am 23.9. in Cottbus-Chóśebuz vorgelegt; dies ist die deutsche Übersetzung)

Die Presse in Deutschland ist besonders auf regionaler Ebene mittel- und langfristig existenziell gefährdet. Deshalb hat der Freistaat Sachsen eine Initiative zum Erhalt der Pressevielfalt erarbeitet, die kürzlich der Bundesrat angenommen hat. Ziel ist es, dass die Bundesregierung so schnell wie möglich gezielt Fördermaßnahmen entwickelt, damit Zeitungen weiter flächendeckend erscheinen  https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1054549 . Die Domowina unterstützt diese Initiative – gerade in Zeiten des Strukturwandels erkennen wir, welche Bedeutung eine unabhängige Presse mit kritischer Distanz und verlässlichen Informationen im Alltag hat. Neben Rundfunk und Fernsehen ist sie eine unverzichtbare Säule einer gebildeten und wissbegierigen Gesellschaft. Demokratie braucht auf allen Ebenen Transparenz, deshalb braucht auch die Lausitz professionelle lokale und regionale Berichterstattung.


Die sorbische Presse wie Serbske Nowiny (SN) in der Ober- und Nowy Casnik (NC) in der Niederlausitz hat Anteil an allen aktuellen Herausforderungen der Kolleginnen und Kollegen deutscher Medien. Zugleich plagt die sorbischen Redaktionen zunehmender Personalmangel. Wie die Ausschüsse der Domowina für innere Demokratie / sorbische Zivilgesellschaft und für Öffentlichkeits- und Auslandsarbeit in gemeinsamer Beratung feststellten, wird es immer schwieriger, Arbeitsplätze in sorbischen Institutionen zu besetzen. Die Ausschüsse empfehlen, potenzielle Interessenten direkt anzusprechen und über sorbische Arbeitsplätze besser zu informieren – das ist zugleich ein Aufruf an uns alle, als „Headhunter“ in sorbischen Angelegenheiten zu wirken und auf die Attraktivität der Arbeitsplätze hinzuweisen, wo eine Sorbin / ein Sorbe tagsüber in der Muttersprache leben kann, das gilt auch für die Arbeit in den sorbischen Redaktionen:
https://www.domowina.de/hsb/medijowy-wobluk/blog/wuberkaj-domowiny-wo-zdobywanju-dorosta-za-serbske-institucije-wuradzowaloj-ludzi-wosobinsce-narecec-a-lepje-informowac-2016

Wir stellen fest, dass sich die Situation in den Redaktionen  von NC und SN mehr verschärft hat als in anderen sorbischen Institutionen. Darauf hat neulich der Geschäftsführer des sorbischen Verlags, Simon Peter Ziesch, in einer Mail an alle sorbischen Institutionen hingewiesen. Schon vorher haben sich die Geschäftsführerin der Domowina, Judit Šołćina/Scholze, und der Geschäftsführer des sorbischen Verlags intensiv über die aktuelle Situation ausgetauscht. Die Domowina und der sorbische Verlag sind sich einig, dass das schnelle Nachholen eines Tarifes für sorbische Journalistinnen und Journalisten, der den Maßstäben für diesen Beruf in Deutschland entspricht, dringend notwendig ist. Der Dachverband begrüßt die Initiativen des Verlagsgeschäftsführers und nimmt erste Schritte des Rates der Stiftung für das sorbische Volk zur Tarifanpassung mit Zustimmung zur Kenntnis. Zugleich ist allen klar, dass das nur der Anfang sein kann. Die Geschäftsführerin der Domowina hat alle Angestellten des Dachverbandes, aber auch die Ehrenamtlichen gebeten, gerade in der aktuellen Krise den Redaktionen mit der Zuarbeit von Informationen aus den Regionen noch mehr zur Seite zu stehen.

Fakt ist aber, dass der dramatische Rückgang des Niveaus angewandter sorbischer Schriftsprache in den vergangenen Jahrzehnten ein wichtiger Grund für den Mangel an Bewerberinnen und Berwerbern für Arbeitsplätze ist, für die ausreichend gute aktive und passive Kenntnisse der Schriftsprachen benötigt wird. Domowina und Sorbischer Schulverein (SSV) laden unter dem Motto „Wir müssen reden!“ zur Bildungskonferenz für Eltern, Erzieherinnen / Erzieher, Leitungen und Träger der Kindertageseinrichtungen am 13. Oktober im Bildungsgut Schmochtitz/Smochćicy St. Benno ein, um mit konsequenterer Sprach-Immersion im Bildungssystem künftig wieder das notwendige höhere Niveau zu erreichen. Derzeit – darauf hat der Domowina-Vorsitzende anlässlich 75 Jahren Sorbisches Gymnasium in Bautzen/Budyšin hingewiesen und wird das auch beim Beginn des Semesters der Sorabistik in Leipzig thematisieren – müssen wir uns unter den Sorbinnen und Sorben gegenseitig sensibilisieren, dass die sprachliche Selbstertüchtigung auch für Muttersprachler eine ständige Herausforderung ist. Gott sei Dank stehen uns dafür inzwischen genügend digitale Helfer auf dem Smartphone zur Verfügung.

Erfreulich ist auch die steigende Zahl der „Neusprecher“ und das immer größere Interesse Erwachsener in allen Regionen der Lausitz für Sorbischkurse. Mit ihrer Integration in sorbische Sprachräume hapert es bisher, wie auch wissenschaftliche Forschungen gezeigt haben. Wenn wir mit Sorbisch lernenden Menschen nicht sorbischer Herkunft selbstverständlicher Sorbisch sprechen werden, tragen wir zum Wachstum der „sorbischen Insel“ und des Radius der sorbischen Medien bei – auch hinsichtlich der Rezipienten und künftigen neuen Produzenten sorbischer Texte.

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