Manchmal kommen aus dem Sommerloch Gedanken, die das Zeug haben, den nächsten Winter zu überdauern. Waren wir unlängst mit der Frage konfrontiert: Sollen wir das Projekt Bergbaufolgelandschaften als UNESCO-Welterbe unterstützen, hat sich nun auf Twitter Julian Nyča in Anbetracht von Hitze und Dürre so geäußert: „Wir müssen Tagebauseen (von denen u.a. in der #Lausitz nach den aktuellen Planungen noch mehrere zusätzlich entstehen sollen) anders framen. Letztlich stehlen sie uns einfach Flusswasser, was dann irgendwo in Polen oder Belarus wieder (als Regen, Anm. MB) runterkommt. Wir haben davon: Gar nichts.“
Im weiteren Verlauf fügt er hinzu: „Niemand braucht so viel Strand, wer soll da rumliegen? Selbst wenn alle Ufer stabil sein sollten, was sie nicht sind. Umso mehr, da wir aus klimatischen Gründen in Zukunft mit noch deutlich größeren Schwankungen beim Wasserstand rechnen können. Wasserdiebstahl, mehr ist es nicht. Sicher, gestohlen wird schon die ganze Zeit, nur eben jetzt an anderer Stelle. Nämlich bei dem wenigen Wasser, was nachkommt. Groß und flach, ja. Perfektes Design bei immer mehr Hitzetagen…
Nun haben wir ja von den für das Welterbe-Projekt Engagierten gelernt, dass es auch Welterbestätten gibt, die kritische Aspekte thematisieren. Insofern könnte man die Wasserdiebstahl-Frage theoretisch sogar integrieren. Allerdings mit welcher Konsquenz: Forderung nach Rückbau der gerade künstlich geschaffenen und als Welterbe vorgeschlagenen Landschaft? Für die sorbische Community könnte es darum gehen, die ökologische Komponente bei der Debatte über die Zukunft des sorbischen Siedlungsgebietes mehr in den Mittelpunkt zu rücken, weil es ohne ihre Berücksichtigung gar keine Zukunft gibt.
Unvergessen bleibt für mich eine Veranstaltung in Cottbus-Chóśebuz, bei der in höchst ansprechender Weise Visionen für das bisherige Braunkohle-Brevier vorgestellt wurden. Auf meine Frage, wie es um die Realisierungschancen angesichts Rutschungen und langfristiger Boden-Instabilität bestellt ist, hieß es: Damit habe man sich nicht beschäftigt, das sei Aufgabe anderer Fachrichtungen. Vielleicht nehmen wir den Anstoß aus dem Twitter-Sommergezwitscher zum Anlass, darüber nachzudenken, ob wir uns nicht mal mit der sprichwörtlichen und gewandelten „serbska zemja” (sorbische Erde) nicht mehr nur metaphorisch, sondern ganz real befassen.
Marcel Brauman
Bild: Geierswalder See / Lejnjanski jězor